Gemeinsam Bibel lesen

„Das Volk Gottes wird an erster Stelle geeint durch das Wort des lebendigen Gottes“, heißt es im II. Vatikanischen Konzil. Das Wort Gottes stiftet Gemeinschaft unter uns, wenn wir es miteinander teilen und gemeinsam bedenken, was das Wort Gottes uns heute sagt, als Gruppe und auch als Einzelner. Auf dieser Seite stellen wir Ihnen eine Auswahl an Methoden vor, wie man gemeinsam die Bibel lesen und mit ihr beten kann.

Lectio Divina – geistliche Schriftlesung

Die Lectio Divina ist eine sehr alte Form der Schriftlesung, die aus dem betrachtenden Lesen und Hören auf das Wort lebt und so Impulse für das eigene Leben zu gewinnen sucht. Sie kann individuell oder gemeinschaftlich geübt werden. Im 12. Jahrhundert fasste der Karthäuser Guigo den Prozess der Lectio Divina in vier Stufen zusammen:

  1. LECTIO heißt Lesung: Entdecken Sie im ausgewählten Textabschnitt Ihr Wort für heute.
  2. MEDITATIO meint bedenken und vertiefen: Vertiefen Sie dieses Wort für Ihre gegenwärtige Situation.
  3. ORATIO heißt Gebet: Fragen Sie Gott, was er Ihnen durch dieses Wort sagen möchte.
  4. CONTEMPLATIO & ACTIO meint sehen und tun: Bleiben Sie auch im Alltag aufmerksam für Gottes Wirken und versuchen Sie zu erkennen, wie Gott Sie führen möchte.

Die Sieben-Schritt-Methode des Bibelteilens

Diese Methode bewährt sich als Rahmen für eine nach innen gehende Betrachtung, die über das bloß rationalisierende Sprechen hinausgeht. Die Teilnehmer versuchen, der persönlichen Begegnung mit Gott durch sein Wort Raum zu geben.

  1. BETEN: Wir beten miteinander.
  2. BEGRÜSSEN: Wir laden Christus zu uns ein.
  3. LESEN: Wir lesen und hören das Wort Gottes.
  4. VERWEILEN: Wir verweilen beim Wort Gottes und heben den verborgenen Schatz.
  5. SCHWEIGEN: Wir lassen Gottes Wort in der Stille zu uns sprechen.
  6. SICH MITTEILEN: Wir sagen einander, was wir verspürt haben und was uns berührt hat.
  7. HANDELN: Wir suchen gemeinsam danach, was der Herr uns sagen will.
  8. BETEN: Wir beten miteinander, hören auf Gott und vertrauen ihm alles an.
Sieben-Schritt-Methode

Anleitung zu dieser Methode

Die Schriftbetrachtung nach Ignatius

Dem Heiligen Ignatius von Loyola war es wichtig, sich in eine Bibelstelle ganz hineinzuversetzen. Mit allen Sinnen wollte er nachfühlen, was den Text ausmacht. Er selbst wollte – ähnlich wie auf einer Bühne – Teil der Szene werden. Dazu hat er auch sieben Schritte formuliert.

  1. BETEN: Ich spreche mit Gott und bitte ihn, dass ich mich ganz auf ihn ausrichten kann.
  2. LESEN: Ich lese den Bibeltext aufmerksam durch. Besonders achte ich auf den Ort der Handlung und auf die handelnden Personen.
  3. BITTEN: Ich formuliere eine Bitte an Gott, die dem Text und meiner Frage dazu oder meinem Wunsch dabei entspricht.
  4. PERSONEN: Ich schaue mir die handelnden Personen genau an: Was tun sie, was sagen sie? In welcher Beziehung stehen sie zueinander? Ich trete in Gedanken selber in die Szene ein und kann zusehen, handeln oder sprechen.
  5. DIALOG: Ich spreche in Gedanken mit Jesus oder einer der handelnden Personen. Ich kann etwas fragen, meine Gedanken zum Ausdruck bringen oder einfach sagen, was mich bewegt.
  6. BETRACHTEN: Ich höre auf das, was Gott mir sagen möchte. Meine Worte dürfen weniger werden und mein Hören mehr. Ich schließe mit einem kurzen Gebet.
  7. RÜCKBLICKEN: Ich schaue zurück auf die Gebetszeit. Wie fühlte ich mich zu Beginn, während der Betrachtung und jetzt? Ich kann mir einige Gedanken dazu aufschreiben.

FOCUS: Bible Study „Living Gospel“

Eine aktuell sehr erfolgreiche Methode des gemeinsamen Bibellesens unter jungen Leuten ist bei jungen Missionaren an Universitäten – den „FOCUS Missionaries“ – zu finden. Hier kann man sich informieren, wie Bibelkreise von Studenten für Studenten funktionieren. „Fellowship of Catholic University Students“ (FOCUS) ist eine Bewegung, die an Universitäten wirkt. Ihr Schwerpunkt in der Pastoral ist mit den Studenten Freundschaft zu leben, Bibelgruppen zu bilden und gemeinsam das Beten neu zu lernen.