„Jesus erneuert uns und die Welt“
Mission und Auftrag – konkret
Mit „Mission und Auftrag – konkret“ möchten wir eine Hilfestellung geben zur Konkretisierung und Verwirklichung von „Mission und Auftrag“ in den vielen Handlungsfeldern unseres Bistums.
Mit Hilfe des Schaubildes und Erklärungen zu den Begrifflichkeiten dieses gehaltvollen Textes, mit Erläuterungen zu Grundhaltungen und Grundprinzipien und einer Sammlung von Praxisbeispielen soll „Mission und Auftrag“ greifbarer werden.
Schaubild
Dabei soll das oben dargestellte Schaubild vor allem dazu dienen, dass konkrete Handlungsschritte ableitbar und überprüfbar sind, die der praktischen Umsetzung von „Mission und Auftrag“ dienen und damit den pastoralen Erneuerungsprozess gezielt vorantreiben.
Der Kreislauf
So wie der dreifaltige Gott selbst nicht statisch, sondern dynamisch ist, kann auch das Leben der Kirche nur aus einer Bewegung der Liebe erwachsen. Quelle und Ziel dieses Kreislaufs ist immer „das Herzstück“ – die Liebe Gottes und unsere Antwort auf sie. Dieses schlagende Herz lässt Gemeinschaft entstehen, in der Menschen in die Jüngerschaft geführt und zum missionarischen Einsatz befähigt werden. Gemeinschaft, Jüngerschaft und Mission wiederum zielen darauf, Menschen in die lebendige und befreiende Beziehung zu Christus und allen Heiligen zu führen.
Mission und Auftrag
Jesus erneuert uns und die Welt.
In der Kirche von Passau sind wir eine frohe, einladende und solidarische Glaubensgemeinschaft, die aus der Eucharistie lebt.
Wir bekennen, dass uns in Jesus Christus allein Gottes Heil geschenkt ist und erkennen daher drei große Herausforderungen für heute und morgen:
- Gott um seiner selbst willen zu lieben,
- Jüngerschaft zu leben
- und den missionarischen Einsatz zu praktizieren.
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Begriffserklärungen
Das Herzstück
„…hätte [ich] aber die Liebe nicht, so nützte es mir nichts.“
(1 Kor 13)
Wir glauben, dass uns in Jesus Christus allein Gottes Heil geschenkt ist. „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat“ (Joh 3,16). Gott schenkt uns in Jesus buchstäblich alles – nämlich sich selbst. Das Herzstück jedes christlichen Lebens und jeder kirchlichen Erneuerung ist diese Initiative Gottes – und unsere Antwort darauf. Suche ich die Begegnung mit Jesus im Gebet, in der Heiligen Schrift und den Sakramenten? Ist die lebendige und persönliche Beziehung zu Jesus Christus das Fundament meines Lebens und Ausgangspunkt für mein Wirken in seiner Kirche? Nur aus dieser Beziehung kann wahre und nachhaltige Fruchtbarkeit im Sinne des Evangeliums entstehen: „denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15,5). Jesus ist die Tür zur liebenden Gemeinschaft des dreifaltigen Gottes. Jesus schenkt uns die Vergebung der Sünden, ein neues Leben ohne Ende und die Freiheit der Gotteskindschaft. Quelle und Höhepunkt unseres Lebens mit Jesus ist die Eucharistie, in der wir die Ganzhingabe Gottes erkennen, seine Liebe empfangen und so selbst darin wachsen, uns zu verschenken. In Jesus vereinen sich Zuspruch und Anspruch Gottes: „Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (Apg 17,28).
Herausforderung:
Das Herzstück steht und fällt mit unserer Sehnsucht danach, Gott wirklich um seiner selbst willen zu lieben. Kann ich auch dann noch mit Freude dienen, wenn mein Dienst im Verborgenen geschieht und keine menschliche Wertschätzung erfährt? Erst dieser Maßstab offenbart die tieferen Motive all meines Tuns.
Jüngerschaft
„Wenn einer hinter mir nachfolgen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ (Lk 9,23)
Wir erkennen und bekennen, dass Jesus jeden einzelnen von uns zu einer persönlichen Freundschaft einlädt und zu einer Entscheidung zur Nachfolge herausfordert. Aber ich kann mich nur für jemanden entscheiden, den ich kenne. Wir nehmen wahr, dass grundlegendes Glaubenswissen heute nicht mehr vorausgesetzt werden kann und die klassischen Wege der Glaubensvermittlung nicht mehr greifen. Jüngerschaft beginnt daher mit der Sehnsucht danach, mehr von Gott zu erfahren und dafür bei Jesus in die Schule zu gehen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9). Vor jedem Anspruch steht der große Zuspruch Jesu: Er will mein Bestes. In der Weggemeinschaft mit ihm kann Glaubenswissen angeeignet, erneuert und vertieft werden. Wenn dieses Wissen vom Kopf ins Herz gelangt, befähigt es mich dazu, mein Leben dem Herrn anzuvertrauen und mein Handeln in allen Bereichen des Lebens an seinem Anspruch auszurichten.
Herausforderung:
Wirklich ein Jünger Jesu zu werden, erfordert die Bereitschaft, von seinem Handeln und seinen Worten zu lernen und auch unbequemen Lehren gegenüber grundsätzlich offen zu sein. Erst die persönliche Erkenntnis, es selbst nicht besser zu wissen, versetzt mich in die demütige Haltung, den Willen Gottes anzunehmen und im konkreten Leben umzusetzen.
Gemeinschaft
„Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele.“ (Apg 4,32)
Wir erkennen und bekennen, dass dort wo Gott geliebt wird, wahre menschliche Gemeinschaft entsteht – froh, einladend und solidarisch. Individualismus, Vereinsamung und das Auseinanderdriften der Gesellschaft sind die Herausforderung unserer Zeit. Die Liebe Christi drängt uns, Menschen neu in der Kirche willkommen zu heißen und ihnen dort Heimat zu geben. Gemeinschaft in der Kirche ist nicht groß und diffus, sondern konkret: Sie entsteht in Räumen der persönlichen Begegnung, der verbindlichen Sorge umeinander und um die, die noch nicht dazugehören. Und sie entsteht überall dort, wo die Freude ist, wo gefeiert wird, dass wir Kinder des einen Vaters im Himmel sind.
Herausforderung:
Gemeinschaft ist kein Selbstläufer – sie erfordert die Überwindung des Einzelnen, auf seine Mitmenschen zuzugehen, sich für sie zu interessieren und die eigenen Bedürfnisse hinten an zu stellen. Damit man nicht „gemeinsam einsam“ ist, braucht es Treue und Solidarität. Gemeinschaft ist auch kein Selbstzweck – sie lebt aus der Identität, gemeinsam zum gleichen Ziel unterwegs zu sein. Sonst läuft sie Gefahr, nur um sich selbst zu kreisen.
Missionarischer Einsatz
„Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.“ (Mt 28,19-20)
Wir erkennen und bekennen, dass die Kirche von Morgen in allen ihren Bereichen einladend und missionarisch sein muss. Der auferstandene Herr hat die Aufgabe der Kirche klar benannt: „Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern“ (Mt 27,19). Die Gemeinschaft der Jünger Jesu wird in die Welt, zu den Menschen gesandt. In einer weitgehend glaubensfernen Kultur erfordert dieser Auftrag eine klare Entscheidung: Mission muss in allen Dingen erste Priorität haben. Nachdem bei Gemeinschaft und Jüngerschaft diejenigen im Mittelpunkt stehen, die heute schon Teil der Kirche sind, muss sich der Blick jetzt denen zuwenden, die noch nicht oder nicht mehr da sind. Wo sind diese Menschen und warum erreichen wir sie nicht? Aus der Überzeugung, dass uns in Jesus Christus allein das Heil geschenkt ist und dass jeder ihn braucht, entspringt die Einladung an alle Menschen, die Jesus nicht kennen. Geführt vom Heiligen Geist und ausgestattet mit seinen Gaben, findet jeder seinen einzigartigen Platz zur Ausbreitung des Reiches Gottes.
Herausforderung:
Mission ist ein aufgeladener Begriff und die Hemmschwelle aktiv zu werden ist hoch. Aber aus unserem Glauben ergibt sich eine ungemeine Dringlichkeit und auch Schönheit des missionarischen Auftrags. Es geht darum zu teilen, was mich erfüllt und so ein Mitarbeiter der Freude meines Nächsten zu werden. Mission beginnt nicht damit, dem anderen die Wahrheit um die Ohren zu schlagen, sondern ihm liebend die Füße zu waschen. Mission lebt von konkreten, kleinen Schritten, die ich für den Herrn und den anderen gehe: zum Beispiel eine Einladung zu einem Gebetsabend oder ein offenes Ohr, auch wenn es mir gerade ungelegen ist. „Anfangs glaubte ich, bekehren zu müssen. Inzwischen habe ich gelernt, dass es meine Aufgabe ist zu lieben. Und die Liebe bekehrt, wen sie will“ (Hl. Teresa von Kalkutta).
Grundhaltungen
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Grundprinzipien
Gebet
Gebet ist im Erneuerungsprozess so wichtig, weil Gott unsere Kraftquelle ist. Ohne eine tragende Beziehung zu Gott, die durch das Gebet genährt wird, kappen wir unsere Wurzeln. Dann fehlen Kraft, Motivation und Kreativität in der Arbeit für das Reich Gottes. Außerdem ist es essentiell, weil nur Gott die Herzen der Menschen verwandeln kann und die Bekehrung der Fürbitte bedarf. Wichtig ist das Gebet auch, weil es darauf ankommt, nach Gottes Willen für uns, unsere Pfarrei, unser Bistum zu fragen. Es gilt, dem Heiligen Geist Raum zu geben. Und Gebet ist wichtig, weil es entscheidend ist, sich für Gott und seine Geschenke zu öffnen. Seine Geschenke können z. B. Glaubenskraft, besonders authentische Glaubenszeugen, Priesterberufungen, lebendige Gemeinschaft etc. sein.
Gemeinschaft von Gemeinschaften
Kleingruppen wie z. B. die Familie oder Gebetskreise ermöglichen, in einer vertrauten Atmosphäre das eigene Leben und den eigenen Glauben zu teilen und so zu einer lebendigen Glaubensgemeinschaft im Kleinen zusammenzuwachsen. Der Austausch über den Glauben – die eigenen Fragen, die eigenen Glaubenskrisen, die eigenen Glaubenserfahrungen etc. – ist dabei eine hervorragende Hilfe zur Vertiefung und Bestärkung im Glauben. Zudem wird mehr und mehr eine Sprachfähigkeit in Glaubensfragen erlernt. Eine besondere Eigenschaft der Kleingruppe besteht in ihrer missionarischen Dimension: In eine Kleingruppe, in der die Glaubensgemeinschaft spürbar wird und in der in Glaubensfragen offen gerungen wird, können dem Glauben Fernstehende eingeladen werden. Die positiven Erfahrungen der Kleingruppe können für sie der Nährboden für die (Wieder-)Entdeckung des Glaubens sein. All dies bleibt nicht ohne positive Auswirkungen auf die große Glaubensgemeinschaft der Ortskirche (Pfarrei, Bistum). Die Gemeinschaft der (Orts-)Kirche selbst nämlich setzt sich aus diesen kleinen Gemeinschaften der Kleingruppen zusammen; sie ist eine Gemeinschaft von Gemeinschaften.
Strategisches Vorgehen
Der Weg der Erneuerung bedarf eines konkreten Zieles, das über Teilziele erreicht wird. „Mission und Auftrag“ steckt dabei den Rahmen ab, innerhalb dem sich diese Pläne und Vorhaben bewegen sollen. Ein strategisches Vorgehen ermöglicht, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, Kräfte zu bündeln und die eigenen Ressourcen möglichst fruchtbar einzusetzen. Ein strategisches Vorgehen entlastet auch: Ich muss nicht von heute auf morgen alles verändern. Es reicht, mein Ziel in Blick zu behalten und mir nach Erreichen des Ziels ein neues Ziel zu stecken. Jedes erreichte Teilziel – und sei es noch so klein – ist dabei Grund zur Freude und Zuversicht.
Beispiel:
Ziel: Förderung der Anbetung in meiner Pfarrei (vgl. Mission und Auftrag „aus der Eucharistie leben“)
Möglicher erster Schritt zur Erreichung des Zieles: Jene Gläubige aus meiner Pfarrei zusammenholen, bei denen ich spüre, dass sie ein Herz für die Anbetung haben. Ich spreche mit ihnen über das Ziel, um Mitstreiter zu gewinnen.
Möglicher zweiter Schritt: Ich beginne mit meinen Mitstreitern regelmäßig (z.B. einmal pro Woche) Anbetung zu halten. Im Gebet bitten wir den Herrn, uns bei der Erreichung unseres Ziels zu helfen.
Möglicher dritter Schritt: Ich starte eine Predigtreihe oder eine Reihe von Gesprächsabenden zur Eucharistie/eucharistischen Anbetung und verbinde damit die Einladung, zur Gebetsstunde (vgl. zweiter Schritt) dazuzukommen…
Multiplikation
Wachstum geschieht über Multiplikation, welche viele Facetten hat. Ganz grundlegend bedeutet Multiplikation: Ich sage weiter, was mich im Glauben erfüllt. Ich erzähle davon, wie Gott mich berührt hat und ermutige andere, ebenfalls von ihrem Glauben zu sprechen. Außerdem bedeutet Multiplikation, dass ich mit meinen Gaben und meinem Können Menschen befähige, entsprechend ihren eigenen Charismen selbst aktiv am Reich Gottes mitzuwirken. Multiplikation kann weiter auch bedeuten, dass ich fruchtbare Angebote in meinem Pfarrverband multipliziere. Dazu gehört auch, dass ich mich frage, warum ein erfolgreiches Angebot besonders fruchtbar in der Glaubensvertiefung ist. Anhand dieser Beobachtung kann ich „Kriterien des Erfolgs“ ableiten, die ich auch auf andere Angebote in meiner Pfarrei anwenden kann.
Beispiel:
Ich beobachte, dass in einer meiner Pfarreien ein Bibelkreis sehr gut angenommen wird und zur Glaubensvertiefung der Teilnehmenden führt. Dann kann ich zum einen versuchen nach und nach in weiteren Teilen meines Pfarrverbandes Bibelkreise zu etablieren. Zum anderen kann ich versuchen, das Erfolgsrezept dieses Bibelkreises herauszufinden, z. B. über Rückmeldungen der Teilnehmenden, wie und warum ihnen der Bibelkreis in ihrem persönlichen Glauben hilft. Mögliche Antworten könnten sein: Der Bibelkreis hilft mir im persönlichen Glauben, weil ich mehr über Jesus erfahre und durch den Austausch auch schwierige Bibelstellen besser verstehen lerne. Oder: weil mir die Gemeinschaft hilft und ich meine Fragen offen stellen darf.
Im Sinne der Multiplikation kann ich dann versuchen, dieses Erfolgsrezept auch in anderen Gebieten (z.B. in der Jugendarbeit, in der Ehevorbereitung) anzuwenden, beispielsweise indem ich einen Jugendtreff starte, bei dem Jugendliche über den Glauben ins Gespräch kommen und ihre Fragen stellen können.
Senfkorn-Prinzip
„Er erzählte ihnen ein weiteres Gleichnis und sagte: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte. Es ist das kleinste von allen Samenkörnern; sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten“ (Mt 13,31f.).
Jesus selbst beschreibt in diesem bekannten Gleichnis vom Senfkorn die Logik, der das Wachstum des Reiches Gottes folgt: Es beginnt ganz klein und unscheinbar. Erst nach und nach wird es größer, bis es schließlich alles an Größe und Gestalt übersteigt. Dieses „Senfkornprinzip“ gilt auch für unsere pastoralen Initiativen. Sie dürfen ganz klein beginnen und langsam wachsen lassen, denn der Herr liebt die kleinen Anfänge.
Dynamik vs. Statik
Der Weg der Erneuerung und Glaubensvertiefung kommt in dieser Welt an kein Ende. Er ist ein stetiger Prozess, der immer wieder von vorne beginnt. Der Auftrag an eine solidarische Glaubensgemeinschaft, Menschen in die Jüngerschaft zu führen, Jünger zum missionarischen Einsatz zu befähigen, um wiederum neue Menschen in die Glaubensgemeinschaft der Kirche zu führen, hört erst auf, wenn Christus wiederkommt.
Praxisbeispiele
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